SOUVENIRS D'ECOLE (suite en allemand)

Publié le par lichty lilly

 

          Und weiter geht’s auf Deutsch.

          Wir hatten wieder Einquartierung, zuerst eine Fliegerkompanie die im Schlossgarten von einem brüllenden Feldwebel gedrillt wurde. Bei uns wohnte der Berliner Kurt Heine, sowie ein Schlesier mit einem polnischen Namen, vor dem Kurt uns warnte:

-Ihr dürft nicht alles sagen, was ihr denkt. Kritik ist nicht gefragt.

           Wir haben etwas Zeit gebraucht, um zu begreifen, von wie vielem man uns befreit hatte, unter anderem von der Freiheit, kleine und grosse Machthaber zu beschimpfen. Mein Grossvater, der mit geheimer Sehnsucht die Feldgrauen erwartet

hatte, sagte still: 

-Es ist halt nicht mehr der Kaiser!

           Dann fing die Schule wieder an. Hat Mme Bucher anfangs beide Klassen unterrichtet? Ich weiss es nicht mehr recht. Jedenfalls konnte sie sich anpassen: sie hatte uns ja schon einmal Deutsch gelehrt, in einem kleinen, grünen Buch, auf dessen letzter Seite von Max, Xaver, und einer Nixe bei der Quelle die Rede war, wer weiss das noch?

           Sie war es auch, über die der grobe Schulrat zweimal nacheinander hergefallen ist. Er hatte einen kahlgeschorenen Kopf, mit grauen, kalten Augen, und war ein Ekel, und wenn es nach ihm gegangen ware, sässen wir heute in Polen.

           -Das muss ja ein faules Dorf sein,  sagte er bissig; um 7 Uhr morgens die Läden noch geschlossen ! Nun, den französischen Schlendrian wird man ihnen schon austreiben !

            Es war in der Heumachet : um 7 waren alle Leute längst beim Mähen und Schladenbrechen, und als sich das Wort des Nazibonzen herumsprach, fühlten sich die Diedendorfer schwer beleidigt.

            In der Schule hat er den Kebb zusammengebrüllt, weil der die Bestandteile einer Maschine nicht aufzählen konnte, und dann sollten wir die deutschen Flüsse auswendig auf die Schiefertafel zeichnen, die erste Reihe den Rhein, die zweite die Weser, usw.

Ich sass bei der Oder, erstarrt am unsichtbaren Ufer, da ist er gekommen, und hat sie mir auf die Laï geschmissen, mit Frankfurt und den Nebenflüssen und allem Zubehör.

           -Nur um zu zeigen was er kann, sagten wir hinterher; vielleicht kann er sonst nichts.

           Bei seinem zweiten Besuch, kam Eddy mit etwas Verspätung angetrottet.

           -Wo kommst du her? brüllte der Schulrat.

           -Von daheim, lautete die zittrige Antwort, und dann sah ich zu meinem Entsetzen zwischen den Hosenbeinen des Brüderleins ein fadendünnes Rinnsal heruntersickern, das auf dem Fussboden eine kleine Pfütze bildete. Es hat’s aber niemand gemerkt.

          Später erfuhr die Lehrerin, dass der Schulrat ihre Ausweisung geplant hatte. Zum Glück wurde er jedoch von dem netten Herrn Alexander abgelöst, dessen Mutter aus Buckenum stammte, und der die Sache wieder eingerenkt hat.

          Danach wurden die Grossen einige Wochen von Herrn Klein aus Bischtroff unterrichtet. Er hatte eine Vorliebe für knifflige Rechenaufgaben: es waren die traditionnellen problèmes über tropfende Wasserhähne, sich kreuzende Züge, mit Pfählen eingezäunte trapezförmige Flächen, die er aus dem Französichen übertrug; es machte Spass, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, und wir hätten mit dem Henri gern noch eine Weile weiterkutschiert.

           Soweit ich mich erinnere, hat ihn Mamsell Schillé aus Kaschel abgelöst. Sie hatte ein Zimmer in Hazemanns und war sehr lieb, mit einem Hang zu Gefühlsergüssen. Beim Vortragen von Gedichten sollten wir mehr aus uns herausgehen, sagte sie, und sie deklamierte uns vor wie man das macht : « es lächelt der See, es ladet zum Bade, der Knabe schlief ein am grünen Gestade, da hört er ein Klingen, wie Flöten süss, wie Stimmen der Engel im Paradies…”In ihrer Stimme lag jede Menge Ausdruck und Schmelz, es war seelenvoll und schrecklich peinlich. Die Jungen grinsten hämisch hinter vorgehaltenen Fäusten, und keiner von uns hätte sich unterstandes, so aus sich herauszugehen, wir blieben lieber drin.

            Und dann kam Herr Kuhn aus Heidelberg; Seine Strafversetzung (durch die Partei) nach Bischtroff hatte ihn anscheinend verbittert, sodas ihm ein schlimmer Ruf vorausging: wir wussten, dass er die Schüler verdrosch, und wir erwarteten ihn mit Heulen und Zähneklappern.

             -Wenn er mein Heft sieht, schlägt er mich tot, jammerte Eddy, dessen Handschrift tatsächlich aussah, als hätte ein Erdbeben die Burchstaben durcheinandergeschmissen. Fräulein Schillé versuchte ihn zu trösten:

             -Wenn du dich ein bisschen anstrengst, geht es schon…

              Und siehe da, die Angst wirkte Wunder: plötzlich schrieb er so säuberlich, dass es uns die Sprache verschlug, und Kuhn ihn am Leben liess.

             In der Tat war der neue Lehrer vorerst ein strenger Meister, der den Buben den Hintern versohlte, dass der Staub aus den Hosenböden aufstob, wie beim Teppichklopfen.

             Doch nah zu nah haben wir ihn bekehrt und betört, mit Äpfeln und Weihnachtsbredle und dreistimmigem Gesang, und schliesslich, wenn auch nicht auf den ersten Blick, war es die grosse Liebe.

             Und nun einige Stichwörter für unsere Erlebnisse mit ihm;

- Furzen: einmal beim Singen, liess sich ein Ton hören, wie von einer Sopranstimme; er kam aber nicht aus unseren Kehlen.

             -Wer war das?

             Heckels Paul verriet sich durch einen Lachkrampf. Während er, über die vordere Bank gelegt, den Hintern verhauen bekam, lachte er krampfhaft weiter.

              Ein ander Mal zog eine Duftwolke durch die Reihen, und Kuhn versuchte vergebens, den Ausgangspunkt festzustellen. Sein strenger Blick forschte in unseren Mienen, und blieb  an Hecks Pierre haften, der jedoch den Verdacht nicht auf sich sitzen liess. :

              -Ich war es nicht, komm schmack!

- Himbeerpflücken: morgens um 7 standen wir mit unseren Gamellen oben auf dem Reckersberg am Waldesrand. Auf den Wiesen glitzerte der Tau, die Welt war heil und wunderschön, und wir sangen aus voller Brust: “Die Sonn erwacht”!

- Kräutersammeln: mit Scheren schnitten wir die Blüten der Schafgarben ab, weil die Stiele so zäh waren, dass man sich die Finger daran verletzte. Auch Katzewaddel sammelten wir, und Spits-und Breitwegerich, Brombeerblätter, Primeln…Die Pflanzen wurden in oberen Stockwerk des damals unbewohnten Pfarrhauses auf dem Fussboden getrocknet, und dann als Beitrag zum Endsieg abgeliefert.

- Aktion Grumbeerebobe: mit einer Blechbüchse, die etwas Roh-oder Terpentienöl enthielt, streiften wir durch die Kartoffelfelder jeder in seiner Furche, und sammelten die Käfer und die glitschigen Larven, die die Buben meist mit den Fingern zu einer orangefarbenen Brühe zerdrückten. Dann versuchten sie, sich heimlich die Hände an unseren Röcken abzuwischen.

- Konzert vor der Schule: wir waren ziemlich zahlreich in der Blockflötengruppe, und Pierre, Paul, Andrée und Eddy spielten Geige. Manchmal kratzte und piepte es ein bisschen, aber schön war’s doch an jenem Sommerabend unter den Kastanien, wo wir auch unere Lieder vortrugen: “Kein Hälmlein wächst auf Erden;;;””Wie’s daheim war”, und viele mehr.

- “Mannemer Krischer”: so hiess das Gedicht in der Mundart der Jungs aus dem ausgebombten Mannheim, die im Dorf untergebracht waren: “wo’s kloppt und wo’s mit Kette rasselt, wo die Fabrik pfeift, dunnert noi, wo’s nur vor Hammerschläch so prasselt, do kammer net arg ruhich soi…” Von diesen Krischern bleiben mir zwei in Erinnerung: Hazemanns Werner, dem Andrée, Milly und ich einmal die Haare mit Mehlpappe verklebt haben, mit der Behauptung, es sei französiche brillantine, und der rothaarige, sommersprossige, vorlaute Helmut in Hoschare, der immer  mit den unregelmässigen Zweitwörtern daneben haute: winken- wanken-wunken, und niesen- nas -genossen.

- Lachanfälle: darin war Pangerts Gritt nicht zu übertreffen. Wenn Kuhn beim Vorsingen den Mund schief zog, stieg ihr unabwendbar ein Röcheln in die Kehle, gegen das sie so verzweifelt ankämpfen musste, dass sie sich regelmässig dabei verpinkelte

- Liebe: Der Lehrer hatte ein Formular auszufüllen:

              -Wer von euch ist katholisch?

Düringersch Toni hat sich erhoben, und plötzlich stand auch Annelies in ihrer Bank; sie hatte nicht zugehört. Es war ein Gaudi, weil wir wussten, dass sie in den Toni verknallt war, und Yvette murmelte: “Oh jo, Annelies, so wit sin mer jetz doch noch nit!”

              Im Nachhinein fällt mir grad noch die Polka ein, die Mme Bucher einmal zu einem Fest (es muss 1940 gewesen sein) mit uns eingeübt hat « Ritsch, ratsch, fidibumbumbum (bis), fidibum ; so heb’n wir mal das rechte Been, das linke Been, denn mein Gesell soll meine Sohle sehn… » Es wurden 6 Pärchen ausgelost, darunter Schnippé und ich, und uns auf Heckles Bühne zu produzieren war damals ein Höhepunkt unseres Lebens.

               Im Sommer 1944 wurden die 1930er aus der Schule entlassen, Kuhn kehrte definitiv nach Heidelberg zurück, unser Bärenmuller (den meine Klasse nie als Lehrer erlebt hat, deshalb fehlt er in dieser Chronik), kam aus der Umschulung nach Hause und, als Kinder der Grenze pendelten wir wieder einmal einer Befreiung entgegen, diesmal mit Triumphbogen und Kaugummi.

               Awer jetz langt’s, s’werd sowieso schun Huddel gin mit um fotokopiere. Unsri Spielre -Guses, Schnelles, Käschtels, Gilles, Balles, Stibberles, Schuck-Schuck Schmehr- un unsri Liewesgeschichte spare me ruff fur’s nächschte Klassefescht!

 

                                                      Lilly Lichty, Diedenuff, März 1989

            

 

 

 

 

 

 

 

 

 

       

       

 

 

 

 

 

 

      

 

        

 

 

Publié dans HISTOIRE LOCALE

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